Der 23. Workshop der Sachverständigenarbeitsgemeinschaft (SAG) Baumstatik widmete sich dem Thema der statischen Wechselwirkungen von Bäumen und Stützmauern, wobei es sich um Kaimauern, Baugrubenverbauten oder sonstige Mauern mit einseitiger Anschüttung und nahestehendem Baumbestand handeln kann. Der Workshop fand am 21. März 2025 in Amsterdam statt.
Foto: Ulmen entlang einer Kaimauer – typische Standortsituation in Amsterdam
Den Auftakt der Veranstaltung machte Willem de Feijter, Mitarbeiter der Stadt Amsterdam. Er veranschaulichte, wie sich die Situation der Bäume an den städtischen Kaimauern, bei denen es sich fast ausschließlich um Ulmen handele, historisch entwickelt hat.
De Feijter thematisierte außerdem die Problematik des Baummanagements im Rahmen regulärer Instandhaltungsarbeiten der Kaimauerabschnitte.
Neben der Herausforderung, bei solchen Bauarbeiten die Baumwurzeln nicht zu verletzen, stellt sich regelmäßig auch die Frage, ob die Verankerungskraft der Bäume von der Kaimauer abhängig ist.
Diese Frage thematisierte auch Matthijs Griffoen, Leiter des Teams „Bäume an Kaimauern“ der Stadt Amsterdam, in seinem anschließenden Vortrag. Er vermutet, dass nicht nur die Bäume statisch an die Kaimauern angepasst sind, sondern, dass gleichermaßen die Baumwurzeln die Mauer halten, die Stabilität also auf Gegenseitigkeit beruht.
Im Anschluss stellte Prof. Frank Prietz von der Berliner Hochschule für Technik und Co-Geschäftsführer der GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH, Berlin, einen ingenieurtechnischen Berechnungsansatz vor, um die Last abzuschätzen, die durch Bäume auf Stützmauern ausgeübt wird (vgl. Prietz et al. 2022).
In der zweiten Hälfte der Veranstaltung stellten Jan Hilbert (Dendrologic), Dennis de Goederen (Pius Floris) und Roel Geerts (Terra Nostra) die Ergebnisse verschiedener Messvorgänge vor, mit denen Rückschlüsse auf eine etwaige wechselseitige Verankerung von Baum und Kaimauer möglich sein könnten. Untersucht wurden ausschließlich Ulmen verschiedener Arten und Sorten.
Zum Abschluss der Veranstaltung gab es eine offene Diskussion bei der Vorzüge und Schwächen der angewandten Methoden diskutiert und verschiedene Interpretationen der Messergebnisse gegeneinander abgewogen wurden.
Die Ergebnisse deuten insgesamt darauf hin, dass bei den untersuchten Ulmen die statische Abhängigkeit zwischen dem Wurzelwerk und der Mauerkonstruktion deutlich weniger ausgeprägt ist, als eingangs angenommen wurde.
Klar ist, dass die Messungen aufgrund der geringen Anzahl von Bäumen und angesichts der unterschiedlichen Beschaffenheit von Böden und Stützwandkonstruktionen nicht generalisierbar sind. Dennoch liefern die Messergebnisse erste Einsichten und Grundlagen für Hypothesen, die künftig durch weitere Untersuchungen verifiziert werden sollten.
Anlass für die durchgeführten Messungen war ein Auftrag der Stadt Amsterdam, aufbauend auf den Ergebnissen Handlungsempfehlungen für die Baumkontrolle und die Instandhaltung der Kaimauern zu entwickeln. Die Ergebnisse sollen nach fundierter Aufbereitung veröffentlicht werden.
Foto: Die Thematik wurde durch die Besichtigung eines Fallbeispiels veranschaulicht.
Foto: Jan Hilbert und Dennis de Goederen präsentieren die Ergebnisse von Bewegungsmessungen an Bäumen und Kaimauern.
Das detaillierte Programm findet ihr hier: Programm